Paul Plut
Herbarium
Veröffentlichung: 1. März 2024
Seitdem Paul Plut 2016 mit dem Todesmarsch “Lärche” das
erste Lebenszeichen als Solokünstler von sich gab, hat sich
die Düsternis beharrlich an seine Fersen geheftet. Widmete er
sich auf den vergangenen zwei Alben dem Tod (“Lieder vom
Tanzen und Sterben”) und seinem steirischen Heimatort
(“Ramsau am Dachstein nach der Apokalypse”), so ist das
Jenseits diesmal anderswo zu finden.
In seinem “Herbarium” (2024) versammelt Paul Plut zehn
Lieder und Fragmente, die um den menschengemachten
Schrecken, die kollektive Erschütterung und die leise
Vorahnung kreisen, dass gerade etwas Großes in sich
zusammenbricht, das nicht mehr so leicht aufzubauen sein
wird.
PRESSEN, VERBINDEN, KONSERVIEREN
Erstmals überrascht Plut auf seinem neuen Tonträger mit
Vertonungen anderer Künstler:innen (Christine Nöstlinger,
Daniel Johnston, Garish, Hildegard Knef), sprachlicher
Variationen (neben Dialekt auch Standard-Deutsch und
Englisch) und neuen Stimmen (Barca Baxant, Nastasja Ronck,
Violetta Parisini). Von den Vorgänger-Alben sind die
Hörer:innen bereits auf eine große stilistische Bandbreite
geeicht. Auch diesmal changiert Plut zwischen Tradition und
Experiment (Salz, Samael), zwischen Harmonie und Härte (Wo
einmal nichts war, Draußen fischt im Eis). Das mit dem Beginn
des Ukraine-Kriegs datierte Stück “Zur gleichen Zeit” bildet
den Kern des Albums, in dessen Magnetfeld sich die anderen
Lieder bewegen.
Dem durchdringenden Gefühl der Zerrüttung stellt Paul Plut
sein “Herbarium” in den Weg; hier wird konserviert,
zusammengehalten und verbunden. Jedem Tonträger
(Kassette und digital) wird ein Buch beigelegt, in dem sich die
Lieder zwischen gepressten Pflanzen, Texte zum
Schaffensprozess, abgelichteten Objekte, literarische
Inspirationen und versteckte Tracks einreihen.
ÜBER DEN KÜNSTLER
Paul Plut, geboren 1988 in Ramsau am Dachstein, ist
autodidakter Musiker, Komponist und Texter. Er ist Teil der
Bands Viech und Marta, komponiert für Film und Theater. Als
Solokünstler reüssierte er mit den Alben „Lieder vom Tanzen
und Sterben” (2017) und „Ramsau am Dachstein nach der
Apokalypse” (2021). In Form eines monatlichen Newsletters
teilt Plut Liner Notes, unveröffentlichte Demos und verwandtes
Material mit seinen Hörer:innen.
Sophia Blenda
Sophia Blenda ist das Alter Ego von Sophie Löw, der 26-jährigen Singer/Songwriterin, die mit ihrer charakteristischen Stimme und ihren bemerkenswerten Texten bisher vor allem als Sängerin der Wiener Band Culk bekannt ist.
Culk veröffentlichen in den letzten Jahren zwei hervorragende, von Dunkelheit durchzogene und doch strahlend helle, von „existenzialistischem Postpunk“ (spiegel.de) durchwirkte Indierock-Alben, die als Kampfansage an tieferverwurzelte patriarchale Strukturen zu deuten sind. Sie durchleuchten vielschichtig das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft und deren Machtverhältnisse.
Nun tritt Löw als Sophia Blenda mit einem herausragenden Solo-Debütalbum in die Öffentlichkeit, auf dem sie um die Themenkomplexe Ängste, Selbstbestimmung, Gewalt und Schwesternschaft kreist. Im musikalischen Zentrum von „Die neue Heiterkeit“, einem intensiven Kammerpop-Entwurf, steht das Klavier, das mal düster, mal glamourös- melodiös durch die Songs trägt und Sophia Blendas Erzählung zugleich umhüllt wie enthüllt.
Manchmal steht da nur ihr Wort, minimalistisch umweht von fernen Klängen, die sich im nächsten Moment zu einem Sturm aus elektronisch-verzerrten, nervös-knarzenden Elementen und filmischen Streichern verdichten und einen musikalischen Rückhalt entwerfen für das ambivalente Empfinden zwischen Verletzlichkeit und Mut, zwischen Abhängigkeit und Selbstermächtigung. Immer, wirklich immer, vermittelt sich ein innerliches Luftholen, ein Moment, in dem sie alles von oben betrachtet.
Sophia Blenda ist die Vertreterin einer Generation, deren Frauen sich zugleich mutig und resigniert, abgekanzelt und gesehen fühlen. Einer Generation deren Ängste immer lauter werden, aber ungehört bleiben. Die Angst ist da, aber die Sehnsucht nach ihrer Überwindung bleibt bis zuletzt größer: „Offen bleibt wer in die Zukunft greift“, singt sie im Titelstück des Albums.